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„Erzählen im Norden“: Unter freiem Himmel

2023-06-25, 08:59

Vögel zwitscherten in den Bäumen über unseren Köpfen. Und Vögel waren in unsrer Mitte präsent – dem benachbarten Naturwissenschaftlichen Museum in Flensburg für ein paar Stunden „entflogen“.
An einem mittsommerlichen Samstagnachmittag hieß es noch einmal „Erzählen im Norden“ mit einem 9. Treffen als Zusatzveranstaltung zu dem im Winter und Frühjahr durchgeführten Kooperationsprojekt der Büchereizentrale Schleswig-Holstein, gefördert vom Land Schleswig-Holstein.

Nach sieben Veranstaltungen in Bibliotheken und einem zentralen Ganztagsseminar in der Akademie Sankelmark wurde zu diesem Termin abermals landesweit eingeladen. Und so kamen die Teilnehmenden aus verschiedenen Gemeinden in und um Schleswig-Holstein – von Kiel bis Dänemark.


Der immerwährende Sommer der Küstenseeschwalbe - Impulse aus dem Naturwissenschaftlichen Museum

Das Besondere diesmal: Kerstin Meise, Leiterin des Naturwissenschaftlichen Museums Flensburg, brachte als neue Kooperationspartnerin mit ausgewählten Präparaten aus der Vogelsammlung eine weitere Perspektive ein. Im Blick auf das Zugverhalten von Küstenseeschwalbe, Goldregenpfeifer & Co. ging es in den Gesprächen also nicht allein um die Erfahrungen von Menschen mit der Natur, sondern ebenso um Vögel als Gäste in den Polargebieten wie auch – am Beispiel von Eulen - mit ihren besonderen Eigenschaften in der Dunkelheit.

Denn „Sommerlicht und Dunkelheit“ mit ihren vielfältigen Auswirkungen auf Lebensrhythmen und Anpassungen in der Natur standen – passend zum Mittsommer - als Thema im Fokus. Erneut führte Eva Ritter (https://www.nordicperspectives.com/) sachkundig und einfühlsam durch den Nachmittag und machte die Teilnehmenden mit Geschichten vertraut, die sie im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten bei Menschen in den europäischen Ländern des Nordens gesammelt hat.


Storytelling mit Eva Ritter

Eine Form des Storytellings der besonderen Art: Die Zuhörenden nehmen repektvoll Anteil an den verschriftlichten Erzählungen aus den Polarregionen und gewinnen eine Vorstellung von den Naturwahrnehmungen, Traditionen und Gedanken indigener Kulturen, ohne diese gleich zu kommentieren oder zu bewerten.

Aus dieser Haltung heraus kamen auch an diesem Nachmittag nach und nach eigene Schilderungen mit Erfahrungen von Licht und Dunkelheit in der Natur zur Sprache: Sorgen um spürbare Auswirkungen des Klimawandels mischten sich mit dem Staunen und einer vertieften Aufmerksamkeit für das, was uns kostbar ist und bleibt.


„…und dass nie alles gleich ist“ – Impulse aus Medien der Büchereien

Als dritte Perspektive wurden diese Impulse und Erfahrungen durch thematisch darauf abgestimmte Buchempfehlungen und Leseproben aus den Beständen der Bibliotheken von Schleswig-Holstein ergänzt, mit denen die Teilnehmenden das Thema weiter nachklingen lassen können. Denn die vorgestellten Titel sind über alle Büchereien in Schleswig-Holstein ggf. im Leihverkehr zu bestellen und auszuleihen. Eine frei zugängliche Auswahlliste dazu ist im Zentralkatalog HIER hinterlegt.

So klang die Veranstaltung mit Zeilen aus den Gedichten des norwegischen Lyrikers Jon Fosse aus, in denen er die Dunkelheit poetisch beschreibt:

„…und gleichzeitig merkte ich, ja, / dass ich in gewisser Weise leuchtete / tief in mir / aus der leeren Dunkelheit / merkte, dass die leere Dunkelheit leuchtete“

Zu finden sind Ausschnitte seiner Dichtkunst in dem Buch „Dunkelheit. Eine Liebeserklärung an den Nachthimmel“ von der Norwegerin Sigri Sandberg.

Und weiter lässt sich von Jon Fosse dort lesen:

„…denn ich weiß, dass die Dunkelheit weich ist / und dass nie alles gleich ist / alles immer gleich ist / du und ich ist…“

Es geht um die Kunst der differenzierenden Betrachtung - und um das, was sich daraus an Erkenntnis und Handlungsweise überall in der Welt entwickeln lässt.


Austausch und Perspektivwechsel durch Kooperationen

Einmal mehr deutlich wurde auch bei dieser Zusatzveranstaltung am Ende des Projekts „Erzählen im Norden“:

Das Bedürfnis von Menschen, nach Sprache zu suchen und eine eigene Sprache zu finden für die Veränderungen, die wir derzeit in Umwelt und Gesellschaft erleben, ist groß.
Neben der  Fülle an Sachinformationen, neben der Wucht von Appellen und Handlungsvorschriften, neben kontroversen Diskussionen und Spaltungen, braucht es Räume, in denen Menschen ihren Blick für globale Sichtweisen weiten und gleichzeitig ihre Wahrnehmungen im eigenen Naturerleben sensibilisieren und ausdrücken können – mit Respekt, Raum und Zeit für eine tiefere Reflexion.

Das bedeutet immer auch: Perspektivwechsel üben und Zusammenhänge aus verschiedenen Richtungen betrachten.
Umso wichtiger ist es für Bibliotheken und alle, die mit ihnen dieses Anliegen teilen: Lebendige Kooperationen und Ortswechsel eröffnen wichtige Begegnungschancen!

Wo Menschen die vielfältigen Impulse, die Bibliotheken mit ihren Medien in diesen Prozess einbringen können, mit einer Gelegenheit zum persönlichen Austausch und einer erlebten Methodenvielfalt durch Kooperationen verbinden, kommt etwas in Bewegung. So fangen Veränderungen an…

Ein Bericht zum gesamten Projekt „Erzählen im Norden“ gibt es HIER.

Eine Publikation zum Gesamtprojekt ist in Vorbereitung.


Links zu den Kooperationspartnern

Die Auswahlliste als kurze Titeltabelle zum Ausdrucken gibt es hier:

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