Bildung & Begegnung, Praxis-Ideen
Ausbildung nachhaltigkeitsorientiert gestalten - auch in Bibliotheken
Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE) ist ein vielschichtiges und weitreichendes Aufgabenfeld für ausbildende Betriebe wie Schulen im Netzwerk aller Akteur*innen, die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) als Teil des lebenslangen Lernens in allen Fachrichtungen begreifen und gestalten. Der dazu erstmals veranstaltete Landesfachtag informierte über das Konzept der BBNE, machte den aktuellen Stand der Forschung und Umsetzung sichtbar und gab Impulse für eine gemeinsame Sprache als Voraussetzung für erfolgreiche Kooperationen.
In einem einleitenden Vortrag von Dr. Katharina Lima di Miranda (Institut für Weltwirtschaft, Kiel) über „Das richtige Maß“ beleuchtete die Referentin das Verhältnis von wirtschaftlichem Wohlstand und sozialem Wohlergehen. Anknüpfend daran verwies sie auf Ziele und Bedürfnisse, die junge Menschen laut einer Studie als besonders wichtig erachten und beschrieb ein erweitertes Verständnis von Wohlergehen. Es lässt sich vereinfacht mit folgenden vier Kriterien kennzeichnen und ist zugleich von einer großen Komplexität und diversen Zielkonflikten mit wechselseitigen Einflüssen gekennzeichnet:
1. sicherer Arbeitsplatz
2. Zeit für selbstbestimmtes Leben und Handeln
3. soziale Einbindung und Solidarität im persönlichen wie globalen Kontext
4. Sorge um Klimawandel / Ökologie
Wohlstand oder Wohlergehen?
Diesen Aspekten auch bei der Gestaltung schulischer wie betrieblicher BBNE mehr Raum und Gestaltungsmöglichkeiten zu geben, wäre nicht nur im Blick auf Motivation für die berufliche Entwicklung relevant, sondern auch für die gesellschaftliche Transformation insgesamt, die einen Perspektiv- und Paradigmenwechsel in verschiedenen Handlungsfeldern dringend nötig macht.
Eine solche Transformation wiederum ist in einer gespaltenen Gesellschaft politisch kaum umsetzbar. Zusammenhalt, wie er nicht zuletzt durch diverse Faktoren in der Gestaltung von Arbeitsplätzen, sozialer Sicherheit, Einbindung und Anerkennung von Engagement mit beeinflusst wird, hängt also eng mit Bildung und lebenslangem Lernen zusammen. Gerade in der beruflichen Bildung werden hierfür wichtige Weichen gestellt.
Lernen, wie gutes Leben geht
Kurz gesagt: Wir müssen in allen Phasen des Bildungsweges lernen, wie gutes Leben ohne eine permanente Konsumsteigerung geht. Junge Menschen brauchen Kompetenzen, mit denen sie aktiv und gestalterisch am gesellschaftlichen Diskurs teilhaben können. Der beruflichen Bildung kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, die weit in die Zukunft hinein wirkt. Digitalisierung unterstützt diesen Prozess, sofern sie zu Problemlösungen beiträgt, ist aber nie Selbstzweck. Entscheidende Faktoren bei der Gestaltung der Ausbildung sind vielmehr Wertschätzung, Anerkennung, Kommunikation und Sinnerfahrung, verbunden mit der dafür nötigen Zeitinvestition in die Ausbildung.
Aus verschiedenen Arbeitsbereichen wurden in den Workshops vielfältige Erfahrungen dazu eingebracht.
Relevanz von Nachhaltigkeit in der bibliothekarischen Ausbildung in doppelter Hinsicht
Für berufliche Bildung in Bibliotheken, wo das Thema Nachhaltigkeit für die Berufspraxis immer häufiger von den Auszubildenden selbst angesprochen oder eingefordert wird, zeigt sich eine Relevanz von BBNE gleich in mehrfacher Hinsicht: bei der Frage, wie Erfahrungen von Wertschätzung, Sinn und Mitgestaltung die Ausbildung prägen wie auch bei der inhaltlichen Umsetzung von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit.
Was für Bibliotheken wie für Auszubildende in anderen Bereichen gleichermaßen gilt:
Oft wird die Entscheidung für einen Berufsweg bei einem Praktikum getroffen. Es gilt also, all diese Kriterien und Fragen in besonderer Weise auch bei der Gestaltung von Praktikumszeiten zu berücksichtigen, um so dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Einen hilfreichen Praxisleitfaden zur nachhaltigkeitsorientierten Gestaltung von Lernprozessen in der Berufsausbildung gibt es nachfolgend zum Download. Auch wenn dieser an Beispielen aus der Lebensmittelbranche ausgerichtet ist, lässt er sich vom Ansatz her auf andere Arbeitsfeldee gut übertragen.