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Bildung & Begegnung, Ideen für Aktionstage, Kooperationen

Die Kunst, vom „Warum“ zu erzählen - Gedanken im Austausch

2022-11-07, 14:27

Wie bringen wir Angebote zum Thema „Nachhaltigkeit“ in dieser von Krisen geschüttelten Zeit so zur Sprache und ins Bewusstsein, dass die Menschen sich davon nicht überfordert fühlen? Diese Frage stellte sich beim letzten Runden Tisch Grüne Bibliotheken wie auch in anderen Veranstaltungen der vergangenen Woche in mehrfacher Hinsicht.

Runder Tisch Grüne Bibliotheken im Herbst 2022

Rückblick genommen wurde bei dem digitalen Herbstreffen des Runden Tisches Grüne Bibliotheken im November zunächst auf die Deutschen Aktionstage Nachhaltigkeit 2022, an denen Schleswig-Holsteiner Bibliotheken wieder erfreulich stark mit rund 50 Veranstaltungen beteiligt waren. Allerdings berichteten mehrere Kolleginnen und Kollegen davon, dass viele Menschen eine gewisse Krisenmüdigkeit spüren und problemorientierte Veranstaltungen aktuell offenbar auf weniger Zuspruch stoßen. Weiterhin gut liefen vor allem die Kinderveranstaltungen.

Verwiesen wurde in diesem Zusammenhang auf das neu gestartete Projekt „Erzählen im Norden“, das ganz bewusst einen etwas andere, eher erfahrungs- statt problemorientierten Weg aufzeigt. Dieser Gedanke wird hier beim Exkurs im Anschluss nochmals aufgegriffen. Auf praktische Erfahrungen in Schleswig-Holstein damit dürfen wir gespannt sein.

Zu bedenken ist außerdem, dass der Veranstaltungszeitpunkt der bundesweiten Aktionstage im September nicht für jeden Ort gut passt, da es z.T. regionale Nachhaltigkeitswochen zu anderen Zeiten gibt, an denen sich die Bibliothek eher beteiligen möchten.

Das Fazit hierzu wie auch zur Frage eines neuen Jahresthemas lautet:

Als wichtiger wird angesehen, auf lokale Veranstaltungen und Themen, die sich im Jahresverlauf ergeben, flexibel reagieren zu können. Ein neues gemeinsames Jahresthema für 2023 wird es also nicht geben. Wohl aber sind viele Bibliotheken offen und interessiert daran, sich an aktuellen Aktionen – regional wie landesweit - zu beteiligen, z.B. wenn RENN Nord in 2023 das Thema Biodiversität besonders in den Blick nehmen wird, zu dem sich z.B. Bezüge zur Saatgutbibliothek, zum Bienenfutterautomaten, zu Wald und Tierschutz ergeben könnten.

So bleiben die Bibliotheken jederzeit frei und unabhängig in der Entscheidung, wie und mit welchen Schwerpunkten sie sich im Laufe des Jahres solchen Impulsen aus dem Land oder vor Ort anschließen.

Der Begriff weitet sich

Deutlich wurde beim Austausch auch: „Grüne“ Bibliotheken beschränken ihr Verständnis und Engagement für Nachhaltigkeit längst nicht mehr nur auf ökologische Aspekte. Demokratiebildung, Partizipation, Rassismus u.a. gewinnen an Bedeutung.

Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf einen Workshop in der Stadtbücherei Schwarzenbek mit den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen zum Thema hatespeech im Netz: „Du bist hier“: https://www.buecherhallen.de/dubisthier.html wie auch auf das https://aktionsnetzwerk-nachhaltigkeit.de/, speziell zu Nachhaltigkeit in Kultur und Medien mit einer Weiterbildungsmöglichkeit zum Transformationsmanager (Auskünfte über Patricia Fasheh).

Themen, die von verschiedenen Landesinitiativen ggf. in den nächsten 1-2 Jahren für die Büchereien Anknüpfungspunkte bieten könnten, sind z.B.:

  • Tourismus und Nachhaltigkeit (Diskussionsrunden an verschiedenen Orten geplant)
  • Faire Schultüte (Bibliotheken könnten Bildungsangebote in Kitas und Schulen dazu durch Bücherkisten und Mini-Bücher unterstützten)

Über diese und weitere Aktivitäten wird Susanne Brandt zu gegebener Zeit informieren und auch den Kontakt zur neuen Agentur Bildung für nachhaltige Entwicklung in Schleswig-Holstein halten, bei der viele Fäden zusammenlaufen.

Der nächste Runde Tisch Grüne Bibliotheken online findet statt am 15. März 2023. Anmeldungen hier: https://www.bz-sh.de/leistungen/fortbildungen-und-...

Sprache finden auf verschiedenen Wegen

Wenige Tage nach dem Runden Tisch ging es auch beim Netzwerktreffen der UNESCO für Preisträger BNE2030, zu denen die Büchereizentrale seit 2021 gehört, im großen Kreis von Initiativen aus dem gesamten Bundesgebiet um das Thema „Sprache und Öffentlichkeitsarbeit“: Wie schaffen wir es inmitten der vielfältigen Herausforderungen, Krisen und Veranstaltungen mit Ideen und Anliegen zur Nachhaltigkeit eine größere Öffentlichkeit zu erreichen?

Im Arbeitsgruppen-Austausch dazu fand das Konzept und Anliegen der „Zukunftsbibliotheken-sh“ von vielen Seiten Zustimmung und Bestätigung, gelingt es so doch immerhin, einen gemeinsamen und verbindenden Begriff zu prägen, der positiv besetzt ist und die Menschen interessiert nachfragen lässt: Was wollen Bibliotheken für die Zukunft erreichen und bewegen? Und warum tun sie das?

Denkt man darüber hinaus über geeignete Strategien nach, diese Anliegen auch über die Sozialen Netze zu kommunizieren und zu bewerben, so wurden dazu ein paar Tipps diskutiert, die hier nur in Stichworten wiedergegeben werden können:

  • statt mit der großen abstrakten Botschaft zu kommen, die schnell „erschlägt“, lieber mit „kleinen ermutigenden Happen“ für konkrete Zielgruppen Lust und Interesse wecken
  • in Sprache, Bild, Auftritt authentisch und gern auch emotional sein: Warum ist das mein Ding?
  • andere von dem begeistern, was man selbst gut kann und weitergeben möchte
  • wichtiger als das „was“ ist das „warum“ bei dem, was wir tun
  • statt „Ego-Show“ sich eher als leidenschaftliche Mentorin eines Themas verstehen und diesem Thema eine Bühne geben

Sinnliche Zugänge und Entschleunigung

Während wir uns bei Fragen zu Social-Media-Auftritten eher einer PR-Sprache bedienen, die mit kurzen Botschaften überzeugen will, gibt es auch andere Wege, etwa im „grünen Journalismus“ wie im Nature Writing, die im Unterschied dazu eher auf Entschleunigung setzen und den tieferen, nicht weniger leidenschaftlichen Blick üben.

Einer, der das in besonderer Weise praktiziert und lehrt, ist der Journalistik-Professor Torsten Schäfer*: https://wortliga.de/wie-menschen-mit-storytelling-...

Bei ihm gehören zum Finden und Gestalten von Sprache für seine Themen das Rausgehen, das Laufen in der Natur wie  Kreativität und sinnlich Zugänge zu Fragen der Nachhaltigkeit, die er nur so erfahren und weiterdenken kann. Dabei erlebt er: Sprache als Ausdruck von Sinnlichkeit und Verbundenheit berührt die Lesenden anders als eine technische oder managementmäßige Erzählweise von Umwelt und Natur.  Er  wirbt dafür, auf diesem Weg auch von dem Erzählen der Indigenen zu lernen - ohne falsche Romantisierung.

Genau hier ist der Bogen geschlagen zu dem, was an einigen Bibliotheken in Schleswig-Holstein derzeit mit dem Projekt „Erzählen im Norden“ bedacht und erprobt werden soll. Wichtig bei diesem Ansatz bleibt, dass poetische Beschreibungen von einer kritischen Haltung begleitet werden, also immer reflektiert geschehen und eine Brücke bauen zwischen Faktenwissen und Ästhetik. Beim Nature Writing im Journalismus wie in der Literatur oder Erzählkunst geht es also oft um den Spagat zwischen Schönheit einerseits und dem kritischen Kontext andererseits.

Zum Weiterlesen:

Erzählen im Norden: https://zukunftsbibliotheken-sh.de/start/blog/erza...

Nature Writing: https://waldworte.eu/2022/10/23/wann-wird-das-lich...

*Torsten Schäfer war für das Netzwerktreffen angekündigt, konnte dann aber kurzfristig nicht dabei sein. Zu empfehlen sind seine zahlreichen Interviews und Fachaufsätze zum Thema im Netz.

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